Durchblick im Dschungel?
Aufgrund der häufigen Gesetzesänderungen und der Flut neuer, auf den ersten Blick innovativer Produkte ist es für Kunden heute nur noch schwer möglich, Versicherungsprodukte zu vergleichen, geschweige denn ein für den eigenen Betrieb massgeschneidertes Deckungskonzept zu erstellen. Aus diesem Grund nehmen KMU-Inhaber vermehrt die Unterstützung neutraler Versicherungsbroker in Anspruch. Diese arbeiten mit sämtlichen Versicherungsgesellschaften zusammen. Durch diese unabhängige Zusammenarbeit kann für den Kunden eine optimale Lösung – unabhängig von der Wahl des Versicherers – ausgearbeitet werden.
In der täglichen Beratung ist oft feststellbar, dass Themen wie «Steuerplanung mittels der Beruflichen Vorsorge BVG» oder «Erarbeitung eines individuellen Versicherungskonzeptes» – vor allem im Bereich von KMU-Betrieben – häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Aussagen wie «das lohnt sich doch bei mir nicht» oder «das wird schon alles in Ordnung sein» sind an der Tagesordnung. Erstellt man jedoch für das KMU-Unternehmen ein massgeschneidertes Versicherungskonzept und berücksichtigt dabei – in Absprache mit dem Treuhänder und unter Rücksichtnahme auf die finanzielle Situation des Betriebes – die möglichen Steueroptimierungsmöglichkeiten im Rahmen der Beruflichen Vorsorge BVG, können die Auftraggeber rasch vom Gegenteil überzeugt werden.
7 Praxistipps zu steueroptimierter Vorsorge und Versicherungen
Dabei kristallisieren sich 7 Praxistipps aus den Bereichen steueroptimierte Vorsorge und Versicherungen heraus, welchen den LeserInnen dieses Artikels erste Einblicke in die Planungsund Gestaltungsmöglichkeiten in den erwähnten Bereichen geben sollen – erste Inputs, welche mit wenig Aufwand umgesetzt werden können.
1. Pensionskasse – die Wahl des richtigen Anbieters
Im Bereich der Pensionskassen herrscht eine wahre Angebotsvielfalt. Auf dem Markt treten einerseits Vollversicherer und andererseits halbautonome Pensionskassen auf. Oftmals ist es für die Entscheidungsträger in KMU-Betrieben schwer zu beurteilen, welches die Vor- und Nachteile dieser beiden Vorsorgemodelle sind. Detailvergleiche in den Bereichen Sicherheit des Anbieters, durchschnittliche Verzinsung der Alterskapitalien, Rentenumwandlungssätze und Konkurrenzfähigkeit der Risiko- und Verwaltungskosten zeigen dem Kunden auf, welcher Anbieter seine Bedürfnisse am besten abdeckt.
Tipp: Lassen Sie Ihre Pensionskassenlösung von einem neutralen Spezialisten überprüfen. Erfahrungsgemäss lassen sich – bei gleichwertigen Deckungen und unveränderter Sicherheit – Einsparungen im Bereich von bis zu 30% der Risiko- und Verwaltungskosten erzielen.
2. Unfallversicherung – Kürzungen vermeiden
Von Gesetzes wegen haben die Arbeitgeber alle Arbeitnehmer obligatorisch gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten zu versichern. Mitarbeiter, welche mehr als 8 Stunden pro Woche im Betrieb tätig sind, müssen zusätzlich obligatorisch gegen Nichtberufsunfälle versichert werden. Diese Abdeckungen erfolgen im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung UVG.
Grundsätzlich gehen die Arbeitgeber davon aus, dass durch die Erfüllung der gesetzlichen Versicherungspflicht eine lückenlose Deckung gewährleistet ist. Leider ist dem nicht so.
Die Unfallversicherer haben die Möglichkeit, bei Unfällen welche grobfahrlässig herbeigeführt werden oder welche sich bei einem Wagnis (z.B. Tauchen in einer Tiefe von mehr als 40m) ereignen, das Unfalltaggeld um 50% zu kürzen oder bei absichtlicher Herbeiführung des Unfalles die Geldleistungen gar zu verweigern. Im Rahmen einer Zusatzversicherung zur obligatorischen Unfallversicherung haben Arbeitgeber die Möglichkeit, sich gegen solche Kürzungen und Leistungsverweigerungen abzusichern. Dieser Deckungseinschluss kann gegen eine äusserst moderate Mehrprämie erfolgen.
Tipp: Fordern Sie von Ihrem UVG-Versicherer eine unverbindliche Offerte für diese Deckung an. Betriebe, welche bei der SUVA versichert sind, können für diese zusätzliche Deckung den Versicherer frei wählen. Der Arbeitgeber hat zudem die Möglichkeit, die Prämien für diese Versicherung zu 100% an die Arbeitnehmer zu überwälzen. In der Regel werden die Kosten jedoch im Sinne von «Fringe Benefits» vom Arbeitgeber getragen.
Dieser Versicherungsschutz verschont Unternehmen vor unliebsamen Überraschungen im Schadenfall.
3. Personenversicherungen – den richtigen Anbieter wählen
Im Bereich der Personenversicherungen (UVGVersicherung, UVG-Zusatzversicherung und Krankentaggeldversicherung) unterbieten sich die Anbieter derzeit gegenseitig bei den offerierten Prämien. Bei Verträgen mit geringer Schadenbelastung lassen sich die Prämien in der Regel massiv reduzieren – dies notabene bei gleichwertigen oder besseren Deckungen.
Vielen Arbeitgebern ist nicht bewusst, dass insbesondere bei der Krankentaggeldversicherung eine Prämiensatzgarantie während der Vertragslaufzeit vereinbart werden kann. Fehlt diese Vereinbarung, hat der Versicherer jeweils per Hauptverfall (i.d.R. am 1. Januar) das Recht, die Prämiensätze für das Folgejahr anzupassen.
Wendet ein Versicherer dieses ihm zustehende Recht an, ist dies oftmals auf den Schadenverlauf des Vorjahres zurück zu führen. Somit stehen Kunden mit dem Rücken zur Wand, da sie auf dem Markt aufgrund der Schadenbelastung im Vorjahr wohl kaum attraktive Angebote finden dürften.
Tipp: Lassen Sie Ihre Personenversicherungen von einen unabhängigen Spezialisten überprüfen. Er wird Ihnen anhand eines Vergleiches den für Sie optimalen Anbieter aufzeigen. Aktuell können – vorbehältlich des jeweiligen Schadenverlaufes – Prämienersparnisse im Bereich von bis zu 30% erzielt werden. Fragen Sie Ihren Berater zudem nach der erwähnten Prämiengarantieklausel – diese zusätzliche Vertragsbedingung wird von den meisten Versicherern ohne Mehrprämie angeboten und garantiert Ihnen die vertraglich festgelegten Prämiensätze während der Vertragsdauer (in der Regel 3 Jahre).
4. Betriebshaftpflichtversicherung – den Deckungsbeschrieb prüfen
Betriebshaftpflichtversicherungen sind in der Regel mit branchenspezifischen Zusatzdeckungen versehen. Dies führt dazu, dass dem Ausarbeiten einer auf Ihren Betrieb zugeschnittenen Betriebshaftpflicht-Abdeckung teilweise (zu) wenig Beachtung geschenkt wird. Oftmals sichern Unternehmer ihren Abnehmern beispielsweise verlängerte Garantie- oder Gewährleistungsfristen zu. Dies ist im heutigen Marktumfeld teilweise unumgänglich. Die gesetzliche Garantie- und Gewährleistungspflicht endet seit der Gesetzesanpassung per 1. Januar 2013 nach Ablauf von 2 Jahren. Haben Sie Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dahingehend angepasst? Sieht Ihre Betriebshaftpflichtversicherung eine Zusatzdeckung für den «Verzicht auf Einreden bei Verlängerung der Garantiefristen» vor? Fehlt diese Deckung bei Ihrer Betriebshaftpflichtversicherung und sichern Sie Ihren Kunden eine längere Garantie- und Gewährleistungspflicht zu, müssen Sie nach Ablauf der gesetzlichen Frist von 2 Jahren den Schadenfall selber tragen.
Hat sich Ihr betriebliches Tätigkeitsfeld in den letzten Jahren verändert? Bieten Sie neue Produkte oder andere Dienstleistungen an? Entsprechen die im Versicherungsvertrag festgehaltenen Umsätze und Lohnsummen noch den aktuellen Gegebenheiten?
Diese Fragen sollten Sie sich in regelmässigen Abständen stellen und nötigenfalls die Versicherungsdeckungen den aktuellen Gegebenheiten anpassen.
Tipp: Lassen Sie Ihre Betriebshaftpflichtversicherung von einem neutralen Spezialisten überprüfen und insbesondere die Zusatzdeckungen erklären. Erläutern Sie dabei dem Spezialisten, in welchen Bereichen Ihr Unternehmen tätig ist und wer Ihre Abnehmer sind. Händigen Sie ihm ein Exemplar Ihrer Allgemeinen Vertragsbedingungen aus, damit er auch überprüfen kann, ob die Betriebshaftpflichtversicherung und die Allgemeinen Vertragsbedingungen Ihres Unternehmens miteinander korrespondieren.
5. Vorsorge des Ehegatten/ Lebenspartners des Firmeninhabers überprüfen
In der Praxis wird das Augenmerk sehr oft ausschliesslich auf die Vorsorge des Firmeninhabers gerichtet. Die Abdeckung des Ehegatten/ Lebenspartners wird in vielen Fällen nur kurz angesprochen oder gar nicht thematisiert. Was aber passiert, wenn zum Beispiel die Ehegattin, welche die Kinder betreut und den Haushalt meistert, plötzlich unerwartet invalid wird? Wer kommt für die Kosten einer Haushälterin auf?
Wie verändert sich durch ein solches Ereignis der Tagesablauf des Firmeninhabers?
Zumindest die finanziellen Risiken können oftmals mit sehr einfachen Mitteln abgedeckt werden. Folgende Möglichkeiten bieten sich hier an:
Tipp: Prüfen Sie, in welchem Umfang und unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten Sie Ihrer Ehegattin/Lebenspartnerin ein Gehalt auszahlen können. Oftmals arbeitet die Ehegattin/Lebenspartnerin im administrativen Bereich des Betriebs mit. Ihr Gehalt muss steuerrechtlich einem Drittvergleich Stand halten. Durch die Auszahlung eines Gehaltes ist sie – analog den Mitarbeitern Ihres Betriebes – im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung UVG wie auch der Krankentaggeldversicherung mitversichert. Oftmals macht es auch Sinn – das Gehalt oberhalb der BVG-Eintrittsschwelle (Stand 2016: CHF 21150) festzulegen. So verfügt die Ehegattin über einen BVG-Anschluss. Dadurch entsteht die Möglichkeit, dass auch für die Ehegattin Maximal-Beiträge in die Säule 3a geleistet werden können. Diese Beiträge können dann wiederum vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden. So erzielen Sie eine optimale Abdeckung der Ehegattin, welche unter dem Strich in der Regel gar noch finanzielle Vorteile mit sich bringt.
6. Wer teilt, kriegt mehr…
Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende können im Rahmen der gebundenen Vorsorge 3a folgende – steuerlich zum Abzug zugelassene – Beiträge in die Säule 3a einzahlen (Stand 2016):
- Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende mit Anschluss an eine Pensionskasse: CHF 6768
- Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende ohne Anschluss an eine Pensionskasse: 20% des Nettoerwerbseinkommens resp. des Reingewinnes, maximal CHF 33840
Leisten Sie Ihre Einzahlungen auf verschiedene Konten oder Versicherungspolicen der Säule 3a. Sie haben die Möglichkeit jeweils ab einem Kontostand von ca. CHF 40000 des laufenden Kontos ein neues Konto zu eröffnen und die kommenden Einzahlungen auf das neue Konto zu leisten resp. – bei Abschluss von Versicherungen – verschiedene Versicherungspolicen mit gesplitteten Prämien und gestaffelten Vertragsablaufdaten abzuschliessen.
Unter Vorbehalt allfälliger Anpassungen der Steuergesetze halten Sie sich durch dieses Vorgehen die Möglichkeit für einen gestaffelten Bezug Ihrer Vorsorgegelder offen. Von Gesetzes wegen dürfen Konten der Säule 3a – mit Ausnahme der gesetzlich vorgegebenen Bezugsmöglichkeiten – frühestens 5 Jahre vor dem Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters bezogen werden. Männer dürfen somit aktuell Ihre Konten ab dem 60. Altersjahr beziehen, Frauen ab dem 59. Altersjahr.
Tipp: Es ist nie zu spät, um mit dem Teilen anzufangen. Gelder, welche sich bereits auf einem 3a-Konto befinden, können – mit Ausnahme eines Vorbezuges für selbstbewohntes Wohneigentum – leider nicht mehr aufgeteilt werden. Dennoch macht es Sinn, für die zukünftigen Einzahlungen mehrere Konten zu eröffnen. Durch den gestaffelten Bezug der Vorsorgegelder (Bezug über mehrere Jahre verteilt), können massive Steuerersparnisse erzielt werden – und dies, ohne zusätzliche Risiken einzugehen.
7. Bilden Sie Arbeitgeber-Beitragsreserven
Im Rahmen der Beruflichen Vorsorge BVG sieht der Gesetzgeber vor, dass Betriebe eine Arbeitgeber-Beitragsreserve in der Höhe des maximal 5-fachen Arbeitgeberbeitrages bilden können. Nachstehendes Beispiel soll Ihnen aufzeigen, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann:
Arbeitgeber müssen sich von Gesetzes wegen zu mindestens 50% an den Pensionskassenbeiträgen beteiligen. Bei diesem Anteil spricht man in der Praxis von dem Arbeitgeberanteil. Hat nun ein Unternehmen jährlich Pensionskassenbeiträge von CHF 100000 zu entrichten, beträgt der Arbeitgeberanteil somit CHF 50000 (50% der CHF 100000). Nun besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, basierend auf diesem Arbeitgeberbeitrag folgende Zahlungen zu leisten:
Arbeitgeber-Beitragsreserve in der Höhe des 5-fachen Arbeitgeberbeitrages: 5 × CHF 50000 = CHF 250000
Einzahlungen zu Gunsten der Arbeitgeber-Beitragsreserven können als Geschäftsaufwand geltend gemacht werden. Somit haben Sie ein zusätzliches Instrument zur Steuerung des Jahresgewinnes Ihrer Unternehmung. Die Einzahlungen müssen unwiderruflich an die Pensionskasse geleistet werden. Die Pensionskasse eröffnet beim Eingang einer entsprechenden Zahlung ein separates Konto mit der Bezeichnung «Arbeitgeber-Beitragsreserven».
In diversen Kantonen ist der Nachweis der Zahlung zusammen mit der Steuererklärung des betreffenden Jahres zu erbringen. In diesen Kantonen wird der Abzug zugelassen, wenn die Beiträge als Kreditorenposten verbucht sind.
Der Beitrag muss bis zur Abgabe der Steuererklärung einbezahlt worden sein und die Überweisung an die Vorsorgeeinrichtung ist in der Steuererklärung in geeigneter Form nachzuweisen. Hinsichtlich der kantonal unterschiedlichen Handhabungen wollen Sie bitte vorab mit Ihrem Treuhänder Rücksprache nehmen.
Die so gebildeten Arbeitgeber-Beitragsreserven können inskünftig für folgende Zwecke verwendet werden:
- Abbuchung von zukünftigen Arbeitgeberbeiträgen (schont die Liquidität und, sofern genügend Liquidität vorhanden ist und das Geschäftsergebnis dies erfordert, kann die Reserve im Umfang der abgebuchten Beträge wieder geäufnet werden)
- Verteilung der Gelder an die Versicherten unter Anwendung eines objektiven Verteilschlüssels (z. B. nach Anzahl Dienstjahren oder Höhe des aktuellen Altersguthabens)
Durch die optimale Ausgestaltung der Pensionskassenlösung (z.B. verschiedene Vorsorgepläne für Mitarbeiter, Kader und Geschäftsleitung) haben Sie die Möglichkeit, dieses Instrument für Ihr Unternehmen noch gezielter einzusetzen.
Tipp: Lassen Sie Ihre Pensionskassenlösung von einem unabhängigen Experten prüfen und lassen Sie ein Konzept für die optimale Plangestaltung innerhalb Ihres Unternehmens ausarbeiten. Im Zuge der Plangestaltung können dann auch die Möglichkeiten gezielt geplanter Einzahlungen zu Gunsten der Arbeitgeber-Beitragsreserven berücksichtigt werden.